Ettaler Schülerinnen beim Benediktus-Lateinwettbewerb in Stift Melk, 19.–21.10.2022

Bereits im April kam die „Invitatio“ in Ettal an: Zum neunten Mal lud das berühmte österreichische Stift Melk die Jugend Europas ein, sich im Rahmen eines „Litterarum Certamen“, eines literarischen Wettbewerbs, mit dem Gedankengut des Heiligen Benedikt, des Patrons Europas, zu befassen. Die Einladung richtete sich an alle Gymnasien Niederösterreichs, an die katholischen Privatgymnasien aus ganz Österreich und die Benediktinergymnasien Europas. Das Benediktinergymnasium Ettal war also dabei.

Der anspruchsvolle Wettbewerb hat Tradition: Alle drei Jahre sind Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 18 Jahren dazu aufgerufen, ihr Geschick im philologischen Handwerk unter Beweis zu stellen: Übersetzen und Interpretieren ausgewählter Stellen aus der lateinischen Ordensregel des Hl. Benedikts und aus den Dialogen Gregors des Großen, in denen die Lebensbeschreibung Benedikts enthalten ist. Dafür war ein Lektürekompendium angegeben, das es zur Vorbereitung zu bearbeiten galt. Es umfasste 35 Kapitel aus der Ordensregel und 17 Abschnitte aus der Lebensbeschreibung Gregors des Großen. Zwei Lateinfans aus Ettal wollten sich der Herausforderung stellen: Lisa Richter (Q11) und Franziska Thurner (K09). Sie wurden von Mai an von ihrem Lateinlehrer Markus Bauer, ab September zusätzlich auch von Roland Jurgeleit in vielen Zusatzstunden auf den Wettbewerb vorbereitet.

Das Teilnehmerfeld umfasste 32 Gymnasien, 27 österreichische und fünf aus Deutschland – außer Ettal waren Vertreter aus Metten, Landshut, Augsburg und Münsterschwarzach am Start. Die Gäste aus Deutschland wurden, ganz in benediktinischem Geist, besonders herzlich empfangen. Überhaupt war der Aufenthalt im Stift Melk, wie jedes Mal, ein großartiges Erlebnis sowohl für die Schüler:innen wie auch für die begleitenden Lehrkräfte aufgrund der selbstverständlichen Gastfreundschaft der dortigen Benediktiner, allen voran Abt Georg Wilfinger, der sich für alle Phasen des Wettbewerbs Zeit nahm und abwechselnd die Lehrkräfte empfing und sich unter die jugendlichen Teilnehmer mischte.

In einer amüsanten, durch Plakate unterstützten Vorstellungsrunde am Vorabend konnten sich alle 61 antretenden Kandidat:innen kennenlernen. Zur Sache ging es dann am Donnerstag nach dem Frühstück. Ab 9 Uhr mussten in einer 4-stündigen Klausur lateinische Originaltexte übersetzt und interpretiert werden. Das in den Texten verlangte Latein unterscheidet sich erheblich von der in der Schule unterrichteten, an den Klassikern Caesar oder Cicero orientierten Sprache. Benedikt oder Gregor der Große schrieben nämlich über 500 Jahre später in einem ziemlich veränderten Latein, das sich vielfach nicht an die in der Schule gelernten Regeln hält – eine besonderen Schwierigkeit für das Verständnis und das Übersetzen.

Die Kandidat:innen traten in zwei Gruppen an: Schüler:innen, die bis zu vier Jahre Lateinunterricht genossen hatten (L4), und Schüler:innen mit sechs oder mehr Jahren Lateinunterricht (L6 und L6+). Von den Ettaler Kandidatinnen fiel Franziska in die Gruppe mit erhöhten Anforderungen L6, Lisa in die besonders schwere Gruppe L6+. Aber beide schlugen sich hervorragend: Franziska erhielt einen Anerkennungspreis (Praemium honoris) und Lisa schaffte es auf das Treppchen mit einem glänzenden dritten Platz, der mit 200 Euro Preisgeld dotiert war. Die Prämiierung beider teilnehmender Kandidatinnen einer Schule ist ein bemerkenswerter Erfolg, der auch mit reichlichen Gratulationen von allen Seiten honoriert wurde.

Roland Jurgeleit

 

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