„Es freut mich hier zu sein und für euch zu lesen!“ Der Bestsellerautor Peter Grandl begrüßte die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10-12 in der als Aula dienenden Hauskapelle und fand sofort die richtigen Worte, um die 15-18-Jährigen in seinen Bann zu schlagen. Er stellte sich vor als ein Quereinsteiger aus dem Marketing in den Bereich der Literatur, der anfangs unbedingt eine Idee für ein Drehbuch umsetzen wollte, das aber keinen Interessenten fand. Aus dem anfänglichen Drehbuch machte er dann einen Roman, den aber auch kein bekannter Verlag drucken wollte, weswegen er ihn immer wieder in Teilen auf einer Internetplattform veröffentlichte, was viele Leser fand und dem Autor auch erste Preise aus der Krimi-Szene einbrachte. Nach einer anfänglich gekürzten Version, in der die Passagen, die sich mit der Kritik an Linksradikalen beschäftigten, fehlten, erschien 2022 Grandls vollständige Version von dem Roman „Turmschatten“, die sich differenziert mit rechtsradikalen Erscheinungsformen, Antisemitismus, Behördenreaktionen und Medienberichterstattung auseinandersetzt.
Aus diesem Buch wurde das Kapitel „Esther“ vorgelesen, in dem eine junge Jüdin ermordet wird, die bei einem ehemaligen Mossad Agenten, der sich in Deutschland ein neues Zuhause in einem NS-Bunkerturm geschaffen hat, als Haushälterin arbeitet. Die Mörder, drei Neonazis, werden vom Hausherrn überwältigt, gefangengenommen und ihre Vernehmung wird im Internet gestreamt und die Bevölkerung darf über ihre Bestrafung abstimmen. Das ist selbst für dieses Genre ein abenteuerlicher Romanentwurf, aber es gelingt Peter Grandl auf dem Grad zwischen Psychologisierung und Typisierung der Hauptfiguren Personen zu entwerfen, die die Grenzbereiche zwischen Gut und Böse ausloten. Ideologien und religiöser Fanatismus werden kritisch ausgeleuchtet.
Beide Großväter des Autors waren überzeugte Nationalsozialisten, was den 1963 in München geborenen Autor in den 70er Jahren, als die Aufarbeitung des NS-Zeit begann, vor einige Fragen stellte. Das Münchner Oktoberfestattentat, wachsende Ausländerfeindlichkeit, brennende Asylantenheime – das alles sind Themen aus der Geschichte der Bundesrepublik, die sich auch im Roman wiederfinden wie auch die Frage, warum auch Söhne und Töchter aus wohlsituierten Verhältnissen zu Neonazis werden. Mit sehr persönlichen biographischen Anmerkungen zu seiner heutigen Haltung beeindruckte er die Ettaler Schüler und legte die Gründe für sein gesellschaftspolitisches Engagement gegen demokratiefeindlichen Populismus dar.
Informationen zur aktuellen Verfilmung seines Romans „Turmschatten“ und zu seinem aktuellen Roman „Reset“, der in Kürze erscheint wurden im an die Lesung anschließenden Diskussionsteil gegeben. Abschließend kam die Frage: „Würden Sie empfehlen, Germanistik zu studieren, wenn man selber schreiben will?“ Darauf kam die klare Antwort: „Wenn ihr etwas schreiben wollt, schreibt darüber, wofür ihr brennt, und macht das auch den Literaturagenten deutlich, denen ihr das Manuskript anbietet!“
Peter Grandl – ein Schriftsteller, der etwas zu sagen hat und dafür brennt! Das beeindruckte die jugendlichen Zuhörer.